| OH DU FRÖHLICHE |

«Oh du besinnliche Adventszeit.» trällert der Hund vor sich hin während wir an diversen lichtgeschmückten Bäumen und ungeduldigen Menschen vorbei dem Heimweg in Angriff nehmen. «Was ist auch los Hund, ist doch schön, wenn die Häuser, Bäume und Schaufenster so schön beleuchtet sind.» sage ich zum Hund. «Als könnte der Mensch dies noch wahrnehmen.» murmelt der Hund leise vor sich hin. «Was hat mein Vierbeiner gesagt?» will ich vom Hund wissen. Ach, es gehe so mit der Schönheit. Ich finde, die Menschheit übertreibt zuweilen auch ein wenig. Teilweise wäre weniger mehr.» entgegnet der Hund.

«Da hast du recht Hund, auch wenn ich es, wie von dir richtig festgestellt nur noch knapp erkennen kann.» pflichte ich dem Hund zu. «Schön, dass wir wieder einmal gleicher Meinung sind Mensch. Weisst du was aber wirklich nervig ist in der der Adventszeit?» will der Hund von mir wissen. «Lass hören Hund.» werfe ich ein. «Deine Artgenossen. Schon das ganze Jahr hindurch treffe ich immer wieder auf gestresste und mürrische Wesen deiner Spezies. Aber in der Adventszeit übersteigt es die Erträglichkeit.» kann sich der Hund ereifern. Bevor ich etwas sagen kann, muss der Hund plötzlich ausweichen, weil jemand, ohne zu schauen vor uns durchzwängt. Dieser Jemand schaut offensichtlich auf sein Mobiletelefon anstatt auf den Gehweg.

«Voilà, Mensch! Das aber eben ein solches Exemplar. Völlig gestresst und den Blick auf das Handy gerichtet hetzt er vor uns durch und will dann noch ausrufen, wenn wir Ihn beinahe touchieren. Einfach unglaublich.» empört sich der Hund während er sich weiterhin einen Weg durch die Menschenmasse sucht. «Tja Hund, da muss ich dir wohl oder übel recht geben. Während der Adventszeit neigen viele Menschen dazu noch gestresster zu wirken als über das ganze Jahr hindurch. Sie verhalten sich so als würde es nach dem 31.12. mit der Welt nicht mehr weitergehen.» lege ich dem Hund meine Sicht der Dinge dar.

«Warum macht ihr dies?» wirft der Hund fragend ein. «Da musst du nicht mich fragen. Ich hoffe du nimmst mich nicht so wahr.» falle ich dem Hund ins Wort. «Ach Mensch, lass es mich mal so formulieren. Es gibt sicherlich Schlimmere als dich. Aber ich finde die Spezies Mensch neigt grundsätzlich etwas zu diesem Verhalten. Eure Agenda ist während diesen Wochen immer vollgestopft. Weihnachtsessen hier, Chlaus Höcks da und zu guter Letzt hetzt ihr dann noch für all die benötigten Geschenke umher. Da werde ich nur schon grimmig und schlecht gelaunt, wenn ich daran denke.» sagt der Hund und rollt dabei wohl mit den Augen.

Bevor ich etwas dazu sagen kann, meldet sich der Hund wieder zu Wort. «Das ganze Jahr streitet ihr euch und geht nicht immer ganz schön mit einander um. Aber am Fest der Liebe spielt ihr dann die Lieben und Netten. Da kommt unsereins ja die Galle hoch.» Wortlos gehen wir zügigen Schrittes heimwärts. Nach einigen schweigend verbrachten Minuten, in welchen beide offensichtlich gedankenversunken neben einander hertrotten, ergreift der Hund als erstes das Wort.

«Als du gestern nicht zu Hause warst habe ich im TV eine Dokumentation über Menschen gesehen, welche vom Leben nicht gerade verwöhnt werden. Da wurde mir wieder bewusst, wie eure Spezies nach Macht, Reichtum, Liebe, Anerkennung und Glück strebt und dabei vergesst wie winzig ihr in Tat und Wahrheit seid. Ihr vergesst bei eurem Streben nach diesen Werten, wie schnell all diese Attribute verpuffen können. Ihr erachtet alles als selbstverständlich. Dabei kann ein winziger Moment alles ändern. Wie bei der Frau in der Dokumentation von gestern Abend, welche mit Mitte dreissig ins Sterbehospitz eingezogen ist und weiss, dass sie wenn es gut kommt noch 1-2 Jahre vor sich hat. Für sie zählt wohl die Unterbringung ihrer vier Kinder nach ihrem Ableben mehr als das Streben nach Macht und Ruhm. Zeit mit ihren Liebsten ist wohl für sie der grösste Reichtum.» erzählt der Hund mit leiser Stimme.

«Ach Hund du hast natürlich mal wieder recht. Mir kommt da ein guter Freund in den Sinn.» beginne ich zu erzählen. «Ein guter Freund, ja?» unterbricht mich der Hund. «Ja natürlich Vierbeiner. Ein guter Freund von mir, hat zwei Kinder, die glücklicherweise gesund sind. Er vergisst wohl auch des Öfteren, dass dies nicht selbstverständlich ist. Er sagte zu mir, weisst du da hat man als Eltern das Gefühl, die Kinder müssten in der Schule kleine Genies sein, da ihre Kameraden ja auch alle kleine Einstein sind, zumindest wenn man deren Eltern hört. Sie treiben Sport und machen es wirklich gut, haben viel Spass und Freude daran, aber weil ja alle im Verein schon Profiverträge abgeschlossen haben, treibt man die Kinder noch zusätzlich zu Höchstleistungen an. Doch in Tat und Wahrheit ist dies doch alles nur sekundär. Denn schon ein Kind zu haben, dass zur Schule gehen kann und Sport machen kann ist ja schon ein Geschenk.» erzähle ich dem Hund von meinem Freund. «Vierbeiner, der Mensch sollte sich eben nicht nur in der Adventszeit Gedanken über sein Verhalten machen. Dann wäre in unsrer Gesellschaft wohl einiges einfacher.» sage ich auch mit leiser Stimme.

One Comment on “| OH DU FRÖHLICHE |”

  1. Lieber Patrik, wir wünschen Dir eine frohe und besinnliche Adventszeit. Wir haben schon lange keinen Stress mehr in der Vorweihnachtszeit. Mit dem Alter wird man ein bisschen gescheiter.
    Ich war bei Maria, die mir sagte, dass Euer Hund auch schon zur älteren Hundegeneration gehört. So schnell vergeht die Zeit.
    Es gibt einen Spruch von Antoine de Saint-Exupéry: Die Zukunft soll man nicht voraussehen, sondern möglich machen.
    In diesem Sinn herzliche Grüsse Margrit + Franz

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