| JUSTIEREN |

«Lieber Mensch, du hast dich ja gestern bei mir entschuldigt für deinen miese Laune, Darf Hund aber trotzdem noch erfahren, was den Menschen denn so in Rage gebracht hat?» will der Hund auf dem morgendlichen Arbeitsweg von mir wissen. «Wie gestern erwähnt, sind es diverse kleinere Dinge, welche ja jeweils zusammenkommen und einem dann etwas mies gelaunt durch den Tag gehen lassen.» entgegne ich dem Hund gut gelaunt.

«Der Mensch spricht von ETWAS. Entschuldigte bitte Mensch, aber deine Laune war gestern nicht ETWAS sondern SEHR mies.» wirft der Hund ein. «Ach komm Hund, so schlimm war es nun auch wieder nicht.» unterbreche ich den Hund. «Ach was, es war UNERTRÄGLICH mit dir.» kontert der Hund blitzschnell. «Du hast also wirklich den Hang zur Übertreibung mein treuer Vierbeiner.» sage ich mit ernster Miene.

«Ha, ich kann dich gerne mal mit deinem kleinen Diktiergerät aufnehmen und du wirst ziemlich erschrecken, wenn du dich selber hörst.» trumpft der Hund neben mir auf.

«Du bluffst doch immer wie extrem hart, streng und überaus emotional neutral deine Ausbildung sei. Ich muss nun aber merken, du bist ein Sensibelchen. Wird dem Vierbeiner mal nicht gerade der Hof gemacht, wirft es diesen emotional ja total zur Bahn heraus.» kann ich mir meinen leicht zynischen Kommentar nicht verkneifen.

«So einen Blödsinn den du da von dir gibst Mensch. Mich wirft es emotional überhaupt nicht zur Bahn heraus. Da hat Mensch ausnahmsweise mal recht, dank meiner strengen Ausbildung sind solche fiesen Angriffe für mich ein Klacks ein Nasenwasser.» plustert sich der Hund vor mir auf. «Das habe ich aber in den letzten Tagen nicht wahrgenommen. Denn wir diskutieren schon zum gefühlt zehnten Mal das gleiche Thema, weil es meinem Vierbeiner doch ziemlich zu zusetzen scheint.» sage ich und verdrehe dabei die Augen.

«Da haben wir wohl die Wurzel des Übels getroffen.» schwadroniert der Hund. «Ach herrje, wenn der Hund nicht mehr weiterweiss, dann kommt er immer mit seiner Psychologen Nummer und meint mit etwas geschwollen Sprechen imprägnieren zu können.» winke ich ab. «Wenn schon dann schon heisst das imponieren. Unter imprägnieren versteht man…» beginnt der Hund zu schulmeistern.

«Ach herrje, Sinn für Humor hat der gute Vierbeiner zu allem Elend auch noch keinen.» kann ich mir den Zwischenruf nicht verkneifen. «An deiner Stelle wäre ich froh, dass unsere Ausbildung nicht auf einen Clown ausgerichtet ist, sondern auf das sichere Führen eines blinden oder sehbehinderten Menschen. Glaube nämlich nicht, dass du Freude hättest, wenn ich dich anstatt sicher um einen Betonpfeiler herum, geradeaus in einen hineinführen würde. Bevor du nun wieder dazwischen quatschst, lasse dir gesagt sein, wir können es gerne ausprobieren, wie dies bei dir ankommt, wenn ich danach mit einer Clown Nase laut lachend neben dir stehe, nein, viel mehr liege, weil ich mir den Bauch halten muss.» zischt der Hund mich an.

«Ich habe das Gefühl, nun ist der Hund aber gerade etwas mies gelaunt.» murmle ich vor mich hin. «Typisch Mensch, kann in den letzten Tagen keine einigermassen vernünftige Diskussion führen, weil er gerade keine Lust hat oder der Zeitpunkt gerade nicht passt oder was zum Teufel auch immer. Wenn dann aber der Mensch ausnahmsweise mal gerade einen guten Tag hat und meint er müsse noch lustig sein, der Hund dies aber nicht gleich lustig findet, wird diesem vom Menschen vorgeworfen, eine miese Laune zu haben. Lass dir eines gesagt sein Mensch, dies hat nichts mit einer miesen Laune zu tun, sondern es nervt den Hund einfach extrem. VERSTANDEN?!?» beendet der Hund seine Standpauke mit einem militärischen Abschlussbefehl.

«Ja Vierbeiner, VERSTANDEN!» gebe ich blitzschnell zur Antwort. «Okey Mensch, dann können wir nun zurückkommen auf das ursprüngliche Thema. Was hat den Menschen in den letzten Tagen so muffig durch den Tag gehen lassen?» wiederholt der Hund seine Frage. «Ach Hund, wie bereits erwähnt, ist es in der Regel ja nicht nur eine Sache. Bevor du nun wieder über theatralisch mit den Augen rollen musst, ich denke, ich nerve mich wahrscheinlich ab mir selbst.» sage ich zum Hund. «Ach ja und über was genau?» will der Hund neugierig wissen. «Ich habe das Gefühl, meine Sehkraft hat erneut nachgelassen und ich habe ehrlich gesagt im Moment etwas Mühe damit. Ich muss mich im Moment neu darauf einlassen und mich wieder neu einzujustieren. Dies empfinde ich dieses Mal als anstrengend, mühsam und ich habe weder Lust noch Muse dazu. Es nervt mich auch, weil ich mich selber nicht so kenne. Normalerweise erachte ich es als Herausforderung, nur hat mir, aus unerklärlichen Gründen dieses Mal die Kraft etwas gefehlt. Bevor du nun dazwischen quatschst, es ist mir bewusst, mein Umfeld kann auch nichts dafür. Zum Schluss noch eine gute Nachricht für dich. Ich habe die Kampfeslust wiedergefunden und werde wieder positiv und optimistisch durchs Leben gehen.»

3 Comments on “| JUSTIEREN |”

  1. Hallo Patrik, ich hoffe, dass Du Deinen Humor, Deine innere Kraft oder was immer wieder gefunden hast. Ich bewundere Dich seit Jahren dafür wie gut Du mit Deiner Sehschwäche umgehst. Es ist mir auch bewusst, dass dies manchmal schwierig ist und dass niemand Dir da helfen kann. Ich wünsche Dir weiterhin Mut und viel Freude mit Deiner tollen Familie. Verlier den Glauben an das Leben nicht. Herzliche Grüsse Margrit

  2. Lieber Patrik
    Ich hoffe ich bin Dir da mit meiner Frage nicht auf den „Schwanz“ gestanden. Auch mir ging mal kurz die Kraft aus, die Kampfeslust habe ich aber schnell wiedergefunden und (schaue) ebenfalls positiv und optimistisch in die Zukunft.
    Selbstverständlich hoffe ich, das dies auch Dein Umfeld weiter antreibt. Bis bald…..

  3. Hallo Päde
    Scheinbar ging mein erster Kommentar nicht. Ich finde die Geschichte passend und spannend. Herzlichen Dank dafür.
    Nun wünsche ich einen guten Start in die Woche.

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