| EHRLICHKEIT |

« Ist dir schon aufgefallen, dass wie älter deine Spezies wird, desto unehrlicher  werdet ihr.» sagt der Hund zu mir während wir den herrlichen Sommerabend geniessen. «Was meinst du genau Vierbeiner?» will ich vom Hund wissen. «Das ihr, in jungen Jahren entwaffnend ehrlich seid. Denn Ihr sagt direkt hinaus was ihr denkt. Je älter das ihr werdet, desto mehr verzwickt ihr euch in Verstrickungen und sagt nicht mehr so direkt was ihr denkt.» erklärt sich der Hund. «Du hast sicher gerade ein Beispiel auf Lager, wenn du so direkt dieses Thema ansprichst.» entgegne ich. «Aber sicher doch Mensch.

«Weisst Du noch als wir eines Abends aus dem Tobel bei uns kamen. Es war schon etwas dunkel, und wir überholten eine Familie mit kleinen Kindern.» beginnt der Hund zu erzählen. «Daran kann ich mich noch gut erinnern. Du hast nämlich zuerst unglaublich ausgerufen, weil wir lange Zeit nicht an der Familie vorbei gehen konnten, weil die Kinder voraus mit Fackel gingen und diese, wie wild hin und her schwangen.» falle ich dem Hund ins Wort. «Genau. Aber das meine ich eigentlich nicht. Sondern, was der Junge sagte als wir endlich auf seiner Höhe waren. Für was hast du den diesen Stock?» erzählt der Hund weiter. «Ja genau, aber das ist ja noch nicht wirklich entwaffnend ehrlich, sondern einfach die jugendliche Neugier.» falle ich dem Hund erneut ins Wort.

«Ja klar Mensch, das weiss ich selber. Halt doch einfach mal die Klappe, dann kann ich endlich weiter erzählen.» zischt mich der Hund an. «Ich bin schon still, Vierbeiner.» sage ich leise. «Also, geht doch. Diese Frage war sicherlich jugendlicher Neugierde zu schulden. Aber die Antwort welche dann vom Jungen kam als du ihm erklärt hattest für was wieso du diesen Stock brauchst, war mit der Verlaub der Knaller.» kann der Hund noch knapp von sich geben, bevor es aus ihm heraus prustet. Der Gute kann sich kaum erholen und muss gut hörbar immer wieder nach Luft schnappen.

«Schön, wenn sich mein treuer Vierbeiner dermassen gut auf meine Kosten amüsieren kann.» sage ich ganz ruhig zum Hund. Der Hund scheint mich aber gar nicht gehört zu haben vor lauter Gelächter, oder er kann mittlerweile wirklich sehr gut meine Einwände ignorieren. Während ich mich wieder bewusst den letzten wärmenden Sonnenstrahlen widme, scheint sich der Hund so langsam, aber sicher wieder einzurenken. «Entschuldigung Mensch, aber wenn ich nur schon daran denke, übermannt es mich gerade wieder.» röchelt der Hund undeutlich vor sich hin und prustet erneut los.

Da es mich mittlerweile schon eher nervt, reagiere ich gar nicht erst und tue so als wäre ich allein. Also Mensch, nun habe ich mich wirklich gefangen. Als der Junge sagte, dann zünde doch den Stock einfach an, dann siehst du auch was. Einfach der Hammer…» kann der Hund noch knapp von sich geben, bevor das Gelächter wieder losgeht.

«Ja, ja Vierbeiner, extrem lustig und was soll es noch gewesen sein?» gebe ich zähneknirschend zur Antwort. «Einfach nur entwaffnend ehrlich. Denn eigentlich hat er ja im Grundsatz und nach seinem Wissenstand ja recht. Es ist dunkel, du kannst nichts sehen, also knipse doch einfach das Licht an. In der vorhandenen Situation halt durch das Anzünden deines Blindenstockes.» sagt der Hund zu mir.

«Ja, der war wirklich gut. Für sein alter sehr gut. Aus seiner Sicht auch wirklich gut überlegt. Ich denke, es ist wirklich schwierig für ein Kind im Alter von ca. 7 Jahren abzuschätzen was es heisst blind zu sein. Vor allem wenn derjenige  ihn dann noch überholt als wäre nichts.» sage ich leise. «Das  stimmt Mensch. Aber noch fast besser als die Aussage war dann die Reaktion der Mutter. Ihr war es sehr, sehr unangenehm und hat ihren Sohn schon fast so zurück gepfiffen wie du mich jeweils.» sagt der Hund schmunzelnd. «Das stimmt Hund! Der kleine Junge hat in etwa so gehorcht wie du – nämlich nicht. Im Gegenteil, er hat frisch fröhlich und unbekümmert weiter gequatscht. Es war echt herrlich.» entgegne ich.

«Schön Mensch! Wenn du dies so siehst, werde ich beim nächsten Mal mich genau

so verhalten wie der kleine Junge. Mal schauen, wie es du dann wirklich findest. Wahrscheinlich erkenne ich in dir dann das Verhalten der Mutter. Das könnte ein riesen Spass für mich werden.» prustet es aus dem Hund heraus.

«Da ich dies schon kenne, weiss ich, das wird sehr, sehr anstrengend mit dir. So verhältst du dich eigentlich immer. In dieser Sache bist du wie ein kleines Kind. Sehr ehrlich und extrem kindisch.»  entgegne ich dem Hund und muss nun meinerseits schmunzeln.

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