«Mensch, du bist schon wieder extrem still und abwesend auf unserem Nachhauseweg! Was beschäftigt dich?» sagt der Hund zu mir während wir gerade eine Strasse überquert haben. «Alles gut Hund, war nur gerade etwas Gedanken versunken!» ist meine knappe Antwort. «Ach ja, und warum hast du den mir bestens bekannten „ich ärgere mich“ Gesichtsausdruck!» hakt der Hund nach. «Och Hund, du nervst!» zische ich den Hund an. «Darf Hund nicht mehr nachfragen?» murmelt der Hund vor sich hin. Ich bleibe abrupt stehen, atme tief durch und sage zum Hund. «Entschuldigung Hund! Du hast recht! Ich ärgere mich gerade gewaltig!»
«Mensch, die Zeitspanne wird aber auch immer kleiner!» murmelt der Hund erneut, während er die Augen verdreht. «Das habe ich gesehen Hund!» zische ich den Hund an. «Bluffer!» zischt der Hund zurück. «Tja gut geblufft ist halb gewonnen!» entgegne ich schmunzelnd. «Bla bla, äh Entschuldigung, natürlich Mensch!» entgegnet der Hund, während er versucht nicht los zu lachen.
«Beherrsch dich Hund! Lauscher auf sonst musst du danach wieder nachfragen» zische ich ihn an. «VERSTANDEN!» sagt der Hund laut und deutlich. «Also, geht doch!» murmle ich schmunzelnd vor mich hin. Nach einer kurzen Pause sage ich dann zum Hund: «Also Hund wir haben glücklicherweise noch einige Minuten Gehweg vor uns! Genug Zeit um bei dir meinen Frust abzuladen!» «Ach herrje, muss ich wieder mal den Psychologen mimen und das erst noch während der Führarbeit!» entgegnet der Hund kopfschüttelnd.
Ich beschliesse nicht auf den Einwand des Hundes einzugehen, und beginne zu erzählen. «Du kannst dich ja bestimmt noch an die Thematik der Blindenwerkstatt im Wallis erinnern!» «Jep, da hattest du auch eine sch….. Laune!» meldet sich der Hund zu Wort. «Naja, ich weiss nun auch warum! Denn genau solche Dinge tragen dann dazu bei, dass in einer Klasse in der Erwachsenenbildung, zwei Stunden darüber diskutiert wird, wie sozial es von einer Firma doch ist, wenn diese Firma sogar einen blinden Menschen wie mich einstellt!» knirsche ich den Hund an.
«Was ist daran so störend?» will der Hund wissen. «Bevor ich etwas sagen kann schiebt der Hund nach. «Das ist doch schon eine gewisse soziale Art!» «Natürlich Hund, das ist sozial, und ich bin auch dankbar! Aber es zeigt eben auch, dass man uns eigentlich nichts, oder sagen wir es mal so, nicht sehr viel zutraut!» sage ich zum Hund. »Dies musst du mir nun erklären!» entgegnet der Hund.
«Die Leute können es sich kaum vorstellen, dass Menschen mit einer starken Sehbehinderung oder blinde Menschen in der freien Marktwirtschaft einer Arbeit nach gehen können! Oft haben diese Leute dann ja wahrscheinlich das Gefühl, hier habe eine Firma einen geschützten Arbeitsplatz erstellt! So ganz nach dem Motto, Hauptsache er ist beschäftigt! Dabei können wir uns in ganz vielen Bereichen mit etwas Wille und Durchsetzungskraft durchaus behaupten! Solange der Öffentlichkeit aber immer das Bild vermittelt wird, die Blinden sind gut zu gebrauchen als Korbflechter und Bürstenbinder oder allenfalls noch als Masseure, dann regt mich dies als Betroffener extrem auf!» rede ich mich wieder einmal in Rage.
Ich rege mich so dermassen auf, dass ich den Hund gar nicht erst zu Wort kommen lasse und mich gleich weiter ereifere. «Was nicht heissen soll, dass es Betroffene gibt, die in diesen Arbeiten aufgehen! Aber es gibt nun auch mal ganz viele die weder Freude noch Talent in diesen Tätigkeiten haben! Wenn es dann noch wirklich stimmt, dass eine Blindenwerkstatt nicht einmal EINE Person beschäftigt, welche auch wirklich betroffen ist, dann sehen sich viele wahrscheinlich darin bestätigt, dass wir uns auch für diese Arbeiten nicht eignen! Wie soll so also eine Firma die Mühe auf sich nehmen einer betroffenen Person eine Chance im ersten Arbeitsmarkt zu geben?» will ich vom Hund wissen.
«Ich verstehe dich Mensch, weiss nun aber auch nicht was ich dir darauf antworten soll!» sagt der Hund mit leiser Stimme. «Hund es tut mir leid, ich wollte den Frust nicht an Dir auslassen! Ich weiss, dass du nichts dafürkannst! Ich kann aber meinen Frust nicht verbergen, wenn ich hören muss, dass es ja schon sehr schön sei, wenn eine Firma einem Blinden eine Chance gibt! Da kommst du dir dann definitiv wie ein Behinderter vor!» sage ich nun ebenfalls sehr leise zum Hund. «Mensch, wir sind zu Hause angekommen! Lasse uns bei Kirschstängeli und Musik ab meinem Lieblingstape das Ganze vergessen!»