| SICHTFELD |

«Mein Fell ist nun schon sehr lange Mensch. Es wäre also angenehm, wenn du mich anmelden würdest für die Pflege meines Pelzes.» stöhnt der Hund während wir an der herrlichen Frühlingssonne über eine Wiese schlendern. «Ach! Ist mein Vierbeiner eitel?» flappse ich zurück. Bevor der Hund sich äussern kann, füge ich schmunzelnd an. «Musst du nicht sein, Vierbeiner! Ich kann es nicht sehen, wie zerzaust du mich durch die Stadt führst.» «Ach Mensch, da kannst du nun nicht mitreden, aber wenn eine gewisse Grundschönheit vorhanden ist, kann einem auch ein überdurchschnittlich langes Fell nicht von dieser ablenken. Zumal ich ausserdem sehr viel Pflege für dieses glänzende, dichte und wohlriechende Fell aufwende.» plustert sich der Hund mal wieder so richtig auf.

«Ach, im Moment kann ich dies aber nicht riechen. Es stinkt nämlich gerade fürchterlich. Bist du das Vierbeiner?» falle ich dem Hund ins Wort und halte mir dabei die Nase zu. «Ich kann nichts riechen, Mensch.» sagt der Hund etwas irritiert während er sein Riechorgan in die Höhe hält und wie wild herum schnüffelt. «Ach es ist immer wieder herrlich wie der Hund auf diese Masche hereinfällt und ganz verwirrt um sich schnüffelt. Da muss man nicht mal was sehen und es ist schon sehr amüsant. Ich kann mir gut vorstellen, dass es mit Bild noch um einiges amüsanter ist.» prustet es aus mir heraus.

«Schön, der Mensch hat sich auf meine Kosten belustigt. Aber glaube mir, es geht nicht lange und ich bin derjenige von uns Zwei, welcher sich kaputt lachen kann.» zischt der Hund mich an. «Schon gut Hund, es tut mir leid. Aber es ist doch wirklich herrlich wie ich dich jedes Mal damit erwische.» versuche ich den Hund zu beruhigen, muss mich aber beherrschen dabei nicht wieder los zu prusten. «Ich habe das Gefühl, du gibst dir aber nicht wirklich Mühe Mensch.» faucht mich dieser an. Ich muss bewusst den Kopf zur rechten Seite abdrehen. Denn ich kann mir das Losprusten wirklich nur mit aller grösster Mühe unterdrücken. So gehen wir einige Minuten wortlos weiter. Ich habe mich nun gefangen und versuche das Thema erneut auf zu greifen.

«Wenn du eine Grundschönheit hast und dein Fell dank deiner überragenden Pflege herrlich duftet, darf ich dann erfahren, warum ich dich bei der Frisöse deines Vertrauens anmelden soll?» «Darf der Mensch. Ich werde es dir auch gerne so verständlich, wie es in deinem Falle nötig ist, erklären. Ich weiss, du kannst es nicht sehen, oder hast es wahrscheinlich bereits wieder vergessen mit deinem Mückenhirn. Mein 1a Fell ist SCHWARZ. Nun sind in der aktuellen Jahreszeit ja nicht nur die Tage wieder länger, sondern auch die Temperaturen steigen kontinuierlich an. Wie sich der Mensch eventuell vorstellen kann, ist die Farbe meines Felles nicht ganz ideal bei Temperaturen von 18 Grad Celsius aufwärts.» beendet der Hund endlich seinen nimmer enden wollenden Monolog.

«Huch Vierbeiner, schreibst du eine Doktorarbeit über die Auswirkung von steigenden Temperaturen und der Fellfarbe?» will ich vom Hund wissen. «Warum?» ist die knappe und ebenso erstaunte Antwort des Hundes. «Weil du für die Aussage, «ich habe mit meinem schwarzen Fell heiss» eine nimmer enden wollende, ausschweifende und mit Füllwörtern bepackte Antwort von dir gegeben hast.» entgegne ich dem Hund.

«Du hast mich doch immerhin verstanden. Hätte ich so nicht erwartet.» flappst der Hund zurück. «Schon gut Hund mal nicht frech werden. Nun aber zurück zu deinem Anliegen. Leider hat auch deine Frisöse den Laden dicht machen müssen. Somit müssen wir uns wohl oder übel noch einige Zeit gedulden.» kläre ich den Hund auf. «Dann teile ich dir nun mit, dass du von morgen früh an allein zur Arbeit gehen muss. Denn neben der Hitze mach mir auch das eingeschränkte Blickfeld zu schaffen. Somit ist nicht gewährleistet, dass ich in meiner Funktion als Begleiter dich sicher führen kann. Was wiederum zu Folge hat, dass ich meine Dienstpflicht quittieren muss.» teilt mir der Hund seinen Entschluss mit.

«Hier wird gar nichts quittiert. Die Lösung ist nicht nur simpel, sondern auch so einfach umgesetzt. Sobald wir zu Hause sind, schneide ich dir die Augen frei.» entgegne ich. «Äh, lass das mal lieber Mensch. Die Augen musst du nicht frei schneiden, denn dann kannst nicht nur du nichts mehr sehen.» gibt der Hund schmunzelnd zu bedenken. «Vierbeiner, du weisst genau was ich meine, Ich schneide dir natürlich nicht die Augen aus, sondern kürze die Haare rund um die Augen mit der Schere, damit du wieder frei Sicht hast.» zische ich den Hund an.

«Ach Mensch schon gut, das muss nicht sein.» entgegnet der Hund. «Kein Problem, das muss schon sein, sonst laufen wir Gefahr, nicht sicher zur Arbeit zu kommen. Auch wenn es im Moment etwas weniger Verkehr auf den Strassen hat, möchte ich doch sicher ankommen.» fauche ich zurück. «Nein, nein Mensch, so schlimm ist es noch nicht. Ich kann noch alles gut erkennen. Keine Sorge. Eher im Gegenteil, ich mache mir Sorgen, wenn du bewaffnet mit einer Schere rund um meine Augen herumfuchtelst. Zur Sicherheit von uns Beiden, lassen wir es wie es ist, und hoffen, die Corona Krise dauert nicht über den Hochsommer, oder wir lernen jemand kennen, der darin wirklich Übung hat.» wirft der Hund ein und setzt seinen Freigang fort.

One Comment on “| SICHTFELD |”

  1. Wir wünschen Dir und der ganzen Familie schöne Ostern. Bleibt gesund!
    Herzliche Grüsse
    Margrit und Franz

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